Impressionen im Spiegel von Raum und Zeit



Ein bereits verloren geglaubtes Gefühl von Geborgenheit bemächtigte mich, wenn ich Max Manfred Queißer in seinem Atelier besuchte. In diesem Haus, das gefüllt ist mit Büchern, Bildern, Musikinstrumenten und Geschichten, lebte Max Manfred Queißer mit seiner großen Liebe Gerlinde, und hier malte er nach den Regeln seine Träume, Visionen, seine Hoffnungen gegen den Strom der Zeit, gegen das Vergessen, gegen die Trostlosigkeit, ja gegen die Kälte.

Wenn er aus dem Fenster schaute, konnte er im Frühling noch durch das zarte Grün der Bäume die Radebeuler Weinberge sehen. Max Manfred hatte seine Wurzeln nie verloren. Er war ein warmherziger, leidenschaftlicher wie einfühlsamer Mensch, ein stiller Zweifler, der immer noch unverzagt an das Gute im Menschen glaubte. Seine positive Lebenseinstellung war mitreißend. Manchmal, wenn man sich schweigend gegenübersaß, wenn man die Worte seiner Erzählungen in sich nachklingen ließ und dann unverhofft seinen Blick streifte, ohne dass er damit rechnete, bemerkte man in seinen großen ausdrucksstarken, braunen Augen unter seinem schulterlang weiß gelocktem Haar auch etwas von seiner Art, sich in die eigene Gedankenwelt zu verlieren, immer dem inneren Klang der Dinge auf der Spur.

„Die Hinwendung zur Malerei bedeutete für mich zunächst auch eine aktive Verdrängung der Erlebnisse der Kriegsjahre, der Gefangenschaft und der Rückkehr in eine zerbombte Stadt, auch wenn das Elternhaus davon nicht betroffen war, quasi eine Art persönliche Selbstfindung. Träume, bildliche Assoziationen, die sich beim Lesen, Musikhören oder Betrachten von Menschen und Natur einstellten, waren mir Anlass, mein Leben im Anderen zu entdecken. So war ich auch schon sehr früh bei meinen Mitschülern als ,Rosenkavalier‘ bekannt, da ich so gut Rosen zeichnen konnte...“, so Queißer.

Über der Suche nach den eigenen Wurzeln fand Max Manfred zu einem spielerischen, unbekümmerten Duktus und nutzte dabei die unterschiedlichsten Ausdrucksmöglichkeiten. Bildnerische Spontanität und die Fähigkeit zur Improvisation zeichneten die Polyphonie seiner Arbeitsweise aus, in der sich widersprechende und sich ergänzende Stimmen miteinander verbinden. In dem faszinierenden und aufreibenden Prozess der Bildentstehung spürte Manfred zunehmend, wieviel Konzentration, Verzweiflung und Ekstase damit verbunden sein konnten und dass auch dem Zufall keine unbedeutende Rolle zukam.

Anekdotisches, Informelles standen gleichberechtigt nebeneinander. Er folgte der Quadratur des Kreises, von der Figur zur musikalisch abstrakten Auflösung und umgekehrt. Als genießender Augenmensch reflektierte er die beiden Pole von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit bis hin zur Sehnsucht nach arkadischen Weiten.

Es ist ein Mikrokosmos, der von monochromer Malerei mit pointillistischen Ausflügen bis zu einer lautstarken, farbigen Orchestrierung reicht. Wobei seine abstrakten Ausflüge die Haut der Natur aber nicht ihre Gesetze verlassen.

Es sind „Seelenlandschaften“!

Das Erlebnis von Rhythmus und Gegenrhythmus, von Ton und Pause – bestärkt im eigenen Musizieren auf der Geige – ermutigte ihn immer wieder zu freier malerischer Improvisation, bis hin zu den abstrakten Farbharmonien und Farbfeldmalereien in Form „freier Lebensimprovisationen“. In den Klangfarben und Klangbildern von Max Manfred Queißer, einer inneren Bewegung folgend und in geheimnisvoller Weise mit dem archaischen Zyklus vom Werden und Wachsen verbunden, gipfeln Impulse von Zeit in Zeitlosigkeit.



Karin Weber